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Lutz Kuckuck: Radio hat eine besondere Verantwortung!

Lutz Kuckuck ras2017 big minTrotz einiger betroffenen Mienen nach den Ergebnissen der ma 2017 I radio und anhaltender Fragen über langfristige Zukunftsfähigkeit des Mediums ist die Radiobranche verhalten optimistisch ins Jahr gestartet. Was durch weiter wachsende Marktumsätze untermauert wurde: so registrierten die Hamburger Werbestatistiker von The Nielsen Company (Germany) für die Gattung Radio im ersten Quartal Brutto-Umsätze von 449,7 Millionen Euro. Dies entspricht einem Plus von rund 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal 2016.


Im Gespräch mit RADIOSZENE-Mitarbeiter Michael Schmich zieht RADIOZENTRALE-Chef Lutz Kuckuck ein erstes Fazit zum Verlauf des bisherigen Radiojahres 2017.

RADIOSZENE: Mit welchen Eindrücken kehren Sie vom gerade zu Ende gegangenen Radio Advertising Summit zurück? 

Lutz Kuckuck (Bild: ©Radiozentrale)
Lutz Kuckuck (Bild: ©Radiozentrale)

Lutz Kuckuck: Der Radio Advertising Summit hat sich endgültig als zentrale Plattform für den Dialog zwischen Radio- und Werbewirtschaft etabliert. Fast 800 Gäste aus Agenturen, Unternehmen und Sendern haben in diesem Jahr den Weg zu uns nach Düsseldorf gefunden und damit ein deutliches Signal für die ungebrochene Attraktivität und Relevanz von Radio und Audio gesendet. Zentrale Erkenntnis aus meiner Sicht: Audio bleibt heute und in Zukunft unüberhörbar. Dank seiner erhöhten Programmvielfalt, gestiegener Nutzungsoptionen und neuer Formate. Dank der Nähe des Mediums zum Hörer, die sich heute in mehr Touchpoints widerspiegelt, als je zuvor. Und dank der neuen, erweiterten Chancen, die sich daraus für Werbungtreibende ergeben. Nicht vergessen sollten wir in diesem Zusammenhang übrigens auch den Radio Advertising Award, der das kreative Potenzial von Radiowerbung exemplarisch belegt. Und bei dem wir in diesem Jahr sowohl quantitativ als auch qualitativ ein Niveau erlebt haben, das sich im Vergleich zu den Vorjahren nochmals gesteigert hat. Hören Sie gern mal rein. 

RADIOSZENE: Zuletzt sind die Werbeaufwendungen für die Gattung beständig gestiegen. Worauf führen Sie diese positive Entwicklung zurück?

Lutz Kuckuck: In der Tat hatte Radio in 2016 einen sehr guten Lauf, – und auch in dieses Jahr 2017 sind wir super gestartet. Die Gründe dafür sind – wie immer – vielschichtig. Nicht zuletzt wegen der fleissigen Arbeit aller guten Geister ☺ ist Radio stark in den Fokus des Marktes geraten, um zum Beispiel nur den Kunden ALDI Süd oder die gesamte Automobil-Industrie zu nennen. Hinzu kommt eine fortschreitende Mobilität – und damit einhergehende steigende Reichweiten auch in den digitalen Kanälen. Diese hohe Akzeptanz seitens der Nutzer wird auch durch die Werbekunden wahrgenommen und honoriert. Unter anderem deshalb entdecken immer mehr Player – aus gutem Grund – das Thema AUDIO für sich, wenn wir ganz aktuell beispielhaft nur Amazon mit Alexa nehmen.

RADIOSZENE: Wie sehen Sie die allgemeine Hörerentwicklung innerhalb der jeweiligen Altersgruppen? Wo hat Radio zuletzt Hörer gewonnen, wo verloren?  

Lutz Kuckuck: Mich freut besonders, dass Radio dort stabil ist, wo andere klassische Mediengattungen Reichweite verlieren: Bei den jungen Zielgruppen. Nach wie vor hören fast drei Viertel der unter 30-Jährigen täglich Radio. Das ist ein beeindruckender Wert, der zeigt, dass Radio seine Erfolgsgeschichte auch im Zeitalter der Digitalisierung fortschreibt. Schließlich ist kein anderes Massenmedium so mobil und liefert seinen Hörern – und damit auch den Werbungtreibenden – so viele verschiedene Touchpoints.

RADIOSZENE: An welchen Stellschrauben muss die Branche arbeiten, um das Produkt Radio noch attraktiver für den Markt zu gestalten? Die Themen „Mobile“ und „Online“ spielen hier sicher eine zentrale Rolle …

Lutz Kuckuck: Die Digitalisierung ist eine echte Chance für Audio und wir sind auf den aktuellen digitalen Themenfeldern unserer Branche voll mit dabei: Targeting, Programmatic und Mobile. UKW- und Web-basierte Audioangebote wachsen immer mehr zusammen und eröffnen neue Touchpoints auf der Customer Journey und damit neue Möglichkeiten, Zielgruppen via Audio zu erreichen. Radio ist und bleibt das mobile Medium par excellence, egal ob klassisch über das Autoradio oder zunehmend via Smartphone. Hinzu kommt, dass die Digitalisierung ein neues Maß an Individualisierung von Content erlaubt: über Audio-Mediatheken oder über die Personalisierung der Musik, über passgenaue Services bis hin zu den News. Womit wir wieder beim Thema Nähe zum Hörer sind, der Kernqualität unseres Mediums. Das Targeting kann in Zukunft immer besser gesteuert werden, weil individuelle Nutzerdaten es ermöglichen, den Kunden via Online Audio zur perfekten Zeit zu aktivieren. Dabei wird sich das Targeting künftig nicht nur daran orientieren, wo sich der Hörer aufhält, sondern auch berücksichtigen, in welcher Stimmung er gerade ist. Dieses sogenannte Mood Targeting nutzt Faktoren wie Musikfarbe, Umfelder oder Content. Sam Crowther von A Million Ads aus London hat auf dem Radio Advertising Summit gezeigt, wie effektiv sich Audiowerbung heute bereits individualisieren lässt. Im Bereich Programmatic haben erste Tests gezeigt, dass individualisierte Kampagnenaussteuerung und -optimierung in Echtzeit mit Audio möglich ist. Beispielsweise indem ein Display Re-Targeting von Usern stattfindet, die Kontakt zu einer Audiokampagne hatten. Hier liegt für Audio viel Potenzial.

RADIOSZENE: Mit welchen Maßnahmen begleitet die Radiozentrale die Entwicklungen im Markt und der Öffentlichkeit?

Lutz Kuckuck (Bild: @Radiozentrale)
Lutz Kuckuck (Bild: @Radiozentrale)

Lutz Kuckuck: Zurzeit liegt unser Fokus stark auf dem Bereich Kreativität. Denn wir sind überzeugt, dass in einer kreativeren Vermittlung der Botschaften viel Potenzial liegt, um Hörer noch effektiver zu erreichen – und damit die Relevanz und den Werbemarkt-Anteil von Radio noch weiter zu erhöhen. Was tun wir konkret? Wir investieren in die Weiterbildung des kreativen Nachwuchses in Werbeagenturen, machen gemeinsame Workshops mit dem ADC und nutzten natürlich die Plattform des Radio Advertising Award.

Ein weiteres Thema, das uns umtreibt, ist die Glaubwürdigkeit der Medien, die leider in Teilen der öffentlichen Wahrnehmung derzeit angekratzt ist. Und auch die zunehmende Verrohung der Umgangskultur im Meinungsmarkt. Stichworte: Fake News, Hass Postings etc. Radio als Medium, das bei den Menschen nach wie vor die höchste Glaubwürdigkeit besitzt, hat hier eine besondere Verantwortung. Deshalb haben wir in der Radiozentrale eine Arbeitsgruppe aus Programm- und Wellenchefs von öffentlich-rechtlichen und privaten Radiomachern ins Leben gerufen, die sich mit diesen Themen beschäftigt und nationale Aktionen im Radio vorbereitet. Auch mit Blick auf die Bundestagswahl im September, zu der es wieder eine gemeinsame Programmaktion unserer Sender auf Bundesebene geben soll.

Können Sie schon Details zum kommenden Radiopreis 2017 verraten, der ja in diesem Jahr wieder Anfang September stattfinden soll?

Der Deutsche Radiopreis wird in diesem Jahr am 7. September verliehen und zwar an einem ganz besonderen Ort: In der Hamburger Elbphilharmonie. Für einen würdigen Rahmen ist also gesorgt. Mehr darf ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider nicht verraten. Lassen Sie sich überraschen.

Michael Schmich

XPLR: MEDIA Radio-Report